Tampep – Für ein wenig Würde

Artikel über Tampep von unserer Präsidentin Ingrid Pfrommer, erschienen in der Ausgabe 2/2016 von MITEINANDER/ INSIEME.


Ein Projekt für Migrantinnen und vieles mehr


In Turin hat unsere Gemeinde nicht die nötige Kraft, alleine ein Förderprojekt für Schutzbedürftige ins Leben zu rufen. Daher haben wir beschlossen, einige von uns schon seit diversen Jahren geförderte Projekte anderer Träger, wie der Organisation Tampep onlus, auch weiterhin zu unterstützen.

Aber wie sind wir überhaupt auf Tampep gekommen? Ich kannte schon verschiedene Leute, die bei dieser Organisation mitwirkten, hatte aber dann auch beruflich Gelegenheit, Tampep besser kennenzulernen. Beeindruckt haben mich das Engagement, die Seriosität und die Professionalität der Freiwilligen, hauptsächlich Frauen, die in dieser Organisation arbeiten.



Und Tampep setzt sich vor allem für Frauen ein: Für Italienerinnen und vor allem für Frauen aus dem Ausland.

Wie wir wissen, sind die Frauen die schwächsten Bindeglieder einer Kette, da sie verletzlicher, verstärkt Gewalt ausgesetzt und von sozialem und wirtschaftlichem Ausschluss bedroht sind.

In ihrer Mission definiert Tampep di Frauen als Initiatorinnen von Veränderung und Entwicklung beim Aufbau und Neuaufbau von intakten und ausgewogenen sozialen Strukturen in ihren Familien und ihrer Gemeinschaft. Für uns als Gemeinde verdient ein solcher Einsatz Unterstützung.


Jedes Jahr bitten wir Tampep, uns eines ihrer Projekte vorzuschlagen, für das ein finanzieller Zuschuss benötigt wird. Und fast jedes Jahr fördern wir das Projekt der Unità di strada.


Was ist die Unità di strada? Ausgerüstet mit heißem Tee und Informationsmaterial fahren ein- oder zweimal wöchentlich zwei Mitarbeiterinnen von abends bis spät in die Nacht durch die Straßen Turins und der ganzen Provinz. Sie kennen sehr genau die Viertel, in denen Prostitution ausgeübt wird, und wissen auch, wo die aus dem Ausland stammenden Frauen auf ihre Kundschaft warten, um ihren Körper zu verkaufen. Sie tun dies nicht etwa, um ihren „Lebensunterhalt“ zu verdienen. Diese Frauen sind meist Opfer von Menschenhändlern, von denen sie gezwungen werden, sich jede Nacht zu prostituieren.


Es sind ganz junge Mädchen und Frauen, die irgendjemandem abgekauft wurden und dann gezwungen werden, sich freizukaufen. Um diese jungen Frauen kümmert sich Tampep und bietet ihnen nicht nur eine Tasse heißen Tee an, sondern auch Unterstützung und Hilfe. Allerdings lassen sich nur wenige Frauen auch helfen und sind bereit, aus diesem Teufelskreis auszubrechen.


Viele von ihnen sind trotzdem froh, sich jemandem anvertrauen zu können, der ihnen zuhört. Bei diesen Treffen informieren die Mitarbeiterinnen von Tampep über gesundheitliche Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen.


Die Frauen, die bereit sind, sich von der Ausbeutung zu befreien, werden in beschützten Wohnungen untergebracht und erhalten eine Schul- und/oder Berufsausbildung. Einige Frauen entscheiden sich auch, in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Ihnen wird ein kleiner finanzieller Zuschuss gewährt, um zu verhindern, dass sie erneut in Abhängigkeit geraten.


Das Projekt der Unità di strada ist nicht das einzige Projekt von Tampep.

Die Organisation unterhält außerdem eine für alle offene Anlaufstelle, über die sie Informationen und Orientierungshilfe verschiedenster Art anbietet. Das reicht von der Erneuerung der Aufenthaltsgenehmigung bis hin zu Hilfestellung bei administrativen und bürokratischen Angelegenheiten sowie Begleitung bei Arzt- und Krankenhausbesuchen. Tampep hilft den Frauen, sich mit dem freiwilligen Rückkehrverfahren zurechtzufinden. Ein komplexer und langwieriger Prozess, bei dem man sich leicht im Labyrinth der Bürokratie verirren kann.


Andere wertvolle Dienstleistungen von Tampep sind die Rechtsberatung und die Schulungen. Es handelt sich dabei um verschiedene Kurse, die von Fachleuten zum Thema Opfer von Menschenhandel und Prostitution sowie hinsichtlich der Herkunftsländer der Migranten abgehalten werden. Sie bieten grundlegende Informationen für eine korrekte interkulturelle Mediation.


Schulungen und Informationen werden auch in Oberschulen und Einrichtungen für Erwachsenenbildung sowie den Ausländerinnen direkt in Italienischkursen angeboten.


Lohnt es sich denn, auch weiterhin Projekte dieser Art zu unterstützen? Ja, es lohnt sich. Vielleicht ist es nur ein Tropfen im weiten Meer, aber es ist ein Tropfen, der einem Menschen ein wenig von der ihm gestohlenen, mit Füßen getretenen Würde zurückgibt.


Ingrid Pfrommer, Turin (Miteinander/Insieme 2/2016) Übersetzung: Kerstin Gros


Italienische Version  Tampep - Per un po' di dignità


Weitere Informationen


Wer sich über Tampep und seine Initiativen auf dem Laufenen halten möchte, kann dies über ihre Webseite tun: http://www.tampepitalia.it. Webseitensprachen sind hier Italienisch und Englisch.